- Bericht
20.03.2025
Mann für alle Fälle: Vom Weltergewicht bis ins Superschwergewicht

Ein Gastbeitrag von Jochen Dedeleit
Dieter Wittmann war über viele Jahre alles im Team von Ex-Weltmeister Firat Arslan. Nun hat der 53-Jährige zwei vielversprechende Talente unter seinen Fittichen und steht dem BVBW mit Rat und Tat zur Seite.
Der Mann ist eine imposante Erscheinung. Mehr noch: Als er den Athleten, die bei den Baden-Württembergischen Nachwuchsmeisterschaften in Villingen-Schwennningen über drei Tage lang den Medaillen nachjagen, einen Besuch abstattet, kommen nicht wenige von ihnen auf Dieter Wittmann zu, um ihn zu begrüßen oder sich in Erinnerung zu rufen. Im Schlepptau hat er Erik Wünsch, der deutsche U-19-Meister (damals noch bei der SV Böblingen) hat sich Wittmann angeschlossen – wie auch Albina Kasumi, von der Wittmann ebenfalls große Stücke hält. Bekannt ist der Göppinger, der in Schrobenhausen in der Nähe von Augsburg geboren wurde, als Trainer, Freund und ständiger Begleiter des gebürtigen Friedbergers Firat Arslan, der sich 2007 seinen großen Traum erfüllte und Cruisergewichts-Weltmeister wurde.
14 Jahre alt war Dieter Wittmann, als er laut eigener Aussage gegen einen dreimaligen Württembergischen Nachwuchsmeister seinen ersten Kampf bestritt und diesen auch gleich für sich entscheiden konnte. „Mein Trainer wusste, dass er mich gegen ihn antreten lassen könne“ – undenkbar in der heutigen Zeit, dass ein Neuling gegen einen mehrfachen Meister mit bereits 24 Kämpfen antritt. Nachdem Wittmann volljährig geworden war, legte er eine längere Pause vom Wettkampfgeschehen ein, zu oft habe er zu unrecht als zweiter Sieger den Ring verlassen müssen. Als 30-Jähriger kehrte er zurück, „aber nur für ein paar Kämpfe. Ich hatte auch Angebote, in der Bundesliga zu boxen, aber hatte keine Lust, mich vorführen zu lassen. Oder anders ausgedrückt: ich hatte keinen Bock auf Kopfschmerzen.“
Vom Welter- über das Halbmittel-, Mittel- und Halbschwergewicht ging es gar bis ins Schwer- und Superschwergewicht, wo Wittmann Kämpfe bestritt, lange Zeit habe er Firat Arslan als Sparringspartner zur Verfügung gestanden. Sparringskämpfe habe der leidenschaftliche Kampfsportler auch im Thai- und Kickboxen bestritten („Lowkicks waren meine Spezialität.“), „das Boxen hat ein Stück weit meinen Charakter geformt, wenn du weißt, dass du deinem Gegenüber überlegen bist, suchst du auch keinen Stress“, weiß der mittlerweile 53-Jährige, der allerdings dennoch einige Male Stress hatte, da er neben seinen Jobs als Konstruktionstechniker und in der Produktion bei Mercedes Benz 25 Jahre lang „an der Tür“ stand.
„Meine Lebensphilosophie ist nicht wie beim Fußball den Ball, sprich die Verantwortung abzugeben.“ Weil er dann doch in seinen wilden Jahren „mit dem Kopf durch die Wand“ wollte, büßte er seine Jugendsünden ab, auch Operationen aufgrund von Rückenmarksverletzungen zählten zu den Dingen, auf die Dieter Wittmann wohl allzu gerne verzichtet hätte. „Kausalität ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Sie betrifft die Abfolge von Ereignissen und Zuständen, die aufeinander bezogen sind. Demnach ist A die Ursache für die Wirkung B, wenn B von A erzeugt wird (Quelle: wikipedia).“ Für den Göppinger ist dies ein Leitspruch, mit dem er durch das Leben geht, auch wisse er, „dass der liebe Gott dich holt, wann er will. Dies steht alles schon geschrieben. Den Tod gibt es nur in der Materie. Das sind die religiösen Pfeiler, die ich mir aufgebaut habe.“
Die Zeit mit Firat Arslan wolle er nicht missen, „er hat ja erst mit 18 Jahren mit dem Boxen begonnen. Da war ich gleich dabei, er war mein bester Freund, über Jahrzehnte war ich Trainer, Freund und Betreuer zugleich. Wobei er zum einen viele Trainer hatte, etwa den damaligen Landestrainer und einstigen Weltergewichts-Europameister Günther Meier, der Firat das Boxen beigebracht hat, zum anderen hat er sich letztendlich selbst trainiert“. Mittlerweile haben sich die Wege von Wittmann und Arslan getrennt, „das muss man ja nicht an die große Glocke hängen. Man hat sich wie in einer Ehe auseinandergelebt, ich wünsche ihm nur das Allerbeste“. Mit seinem Freund Uwe Flaig hat sich Dieter Wittmann, der Inhaber der Profilizenz ist, nun neuen Aufgaben gewidmet, ein insgesamt 3000 Quadratmeter großes Gym, der „Gym Club Eislingen“, ist sein neuen Betätigungsgebiet, in dem vom Boxen über Fitness und MMA alles angeboten wird, unter anderem in einem großen Outdoorbereich. Auch Erik Wünsch und Albina Kasumi hat es dieses Gym angetan.
„Die 21-Jährige hat es geschafft, bei mir noch einmal die Flamme zu entzünden. Es begann damit, als ich sagte, sie solle doch mal einen rechten Haken schlagen. Dass ein 60-Kilo-Mädel so einen unheimlichen Schlag an den Tag legt, hätte ich fast nicht für möglich gehalten“, sagt Wittmann über die Landesmeisterin und DM-Zweite. Und auch dem deutschen Nachwuchsmeister Erik Wünsch bescheinigt der Göppinger ein „wahnsinniges Potenzial, beides sind meine Schützlinge, für die ich noch einmal 100 Prozent gebe. Den BVBW will ich unterstützen, soweit es mir möglich ist. Auch das Gym in Eislingen, das zum jetzigen Zeitpunkt 600 Mitglieder hat, biete ich dem Verband gerne als Stützpunkt an“. Dieter Wittmann, der auf Alkohol und Fleisch verzichtet, wettet, dass Kasumi wie auch Wünsch in vier Jahren in der Weltspitze zu finden sind. Eine Aussage, die bekräftigt, dass der 53-Jährige viel von seinen Schützlingen halten muss.